Erste Tage in Litauen
Nach einem entspannten Pausentag in der lettischen Stadt Daugavpils schwinge ich mich wieder aufs Rad und fahre Richtung Vilnius. Schon nach 30 Kilometern erreiche ich auf einer Schotterstraße die Grenze zu Litauen. Die letzten Tage bin ich an einem Fluss entlang gefahren und es war ziemlich flach. Jetzt führt mich mein Weg querfeldein durch sanft hügelige Landschaften, vorbei an Feldern und Wäldern in die ländlicheren Gebiete Litauens. Ich sehe Städte, die nur aus Plattenbauten bestehen, die so plötzlich anfangen wie sie aufhören, und ich fahre durch Dörfer, in denen die Menschen noch mit Pferdekutschen zum Einkaufen fahren.
Ich durchquere den Nationalpark Aukštaitija und den Regionalpark Labanoras. In den Parks gibt es viele kostenlose, öffentliche Campingplätze, so dass es mir leicht fällt, einen geeigneten Platz für die Nacht zu finden. Praktischerweise gibt es auch Unterstände, die ich bei den gelegentlichen Regenschauern gut gebrauchen kann.
Da ich es nicht eilig habe, fahre ich etwa 80 Kilometer am Tag. Mittlerweile ist das für mich eine recht gemütliche Tagesstrecke. Am Anfang meiner Reise musste ich mich dafür noch ziemlich anstrengen. Nach 3 Tagen bin ich in Vilnius angekommen.
Familienbesuch
Da ich einen Tag zu früh in Vilnius bin, verbringe ich noch einen Tag alleine hier, schlendere ein wenig durch die Altstadt und trinke den einen oder anderen Kaffee. Am nächsten Tag hole ich meinen Besuch vom Flughafen ab und wir checken in unser Airbnb mitten in der Altstadt ein. Gemeinsam erkunden wir die Stadt und haben uns viel zu erzählen. Am Abreisetag essen wir noch zusammen zu Mittag und nachdem es aufgehört hat zu regnen, beginnt das letzte große Stück meiner Radtour.
Ankunft in Polen
Ich komme jetzt richtig in Schwung. Der Start nach einer Pause ist immer etwas schwierig, aber nachdem ich die erste Trägheit überwunden habe, fällt mir das Radfahren leichter als je zuvor. Trotz des nachmittäglichen Starts schaffe ich am ersten Tag über 100 Kilometer und erreiche am zweiten Tag sogar schon die polnische Grenze und damit das letzte Land auf meiner Liste. Hier kaufe ich abends noch ein paar Lebensmittel ein und merke erst spät, dass es hier keinen Euro gibt. Doch zum Glück kann ich selbst den kleinen offenen Betrag hier mit Karte bezahlen. Dass das ländliche Ostpolen fortschrittlicher ist als wir Deutschen, hätte wohl auch niemand gedacht. Insgesamt erinnert mich hier aber vieles an zu Hause. Wenn ich die Leute hier beim Sprechen verstehen würde, hätte ich fast das Gefühl, ich wäre schon in Deutschland.
Die Leute hier scheinen sehr interessiert an dem zu sein, was ich mache. Leider sprechen hier nur wenige Englisch und so kann ich nur selten von meiner Reise erzählen. Ein Mann vom Sicherheitsdienst an einer Tankstelle hat aber extra seinen Kollegen als Dolmetscher geholt, um mich zu fragen, wo ich herkomme und wo ich mit meinem Fahrrad hin will.
Der frühe Wurm wird nicht nass
Da die Wettervorhersage im Moment immer für den Nachmittag starken Regen und Gewitter ankündigt, beginne ich meine Tage früher als sonst. Gegen 6.30 Uhr sitze ich bereits auf dem Rad und muss sagen, dass ich die frühen Morgenstunden sehr genieße. Auf den Straßen ist noch nichts los und die Temperaturen sind noch sehr angenehm. Als ich in Vilnius gestartet bin, hatte ich im Kopf, dass ich ca. 80 Kilometer am Tag radeln werde und dann ca. 20 Tage bis nach Osnabrück brauche. Jetzt läuft es aber so gut, dass ich nach 5 Tagen einen Schnitt von über 100 Kilometern pro Tag habe. Mal sehen, ob ich dieses Tempo halten kann. In meinem Fahrradnavi ist mittlerweile schon die Route nach Berlin geladen. Bis dahin sind es noch 650 Kilometer.
Heute habe ich mir nach 4 Tagen wildem Campen im Zelt und ohne Dusche ein Zimmer etwas nördlich von Warschau gemietet. Es war auch an der Zeit, alle meine Akkus aufzuladen (sowohl im wörtlichen als auch im übertragenen Sinne :D). Die nächsten Tage werde ich entlang der Weichsel Richtung Westen radeln.